Lebensgefährliche Solarien ?

Lebensgefährliche Solarien.

So lautet der Titel eines Artikels der Ärzte Zeitung vom 25.07.2012

Allerdings liest man schon im Untertitel, dass Sonnenbänke auch nützlich sein können. Die Diskussion über Schaden und Nutzen von UV-Strahlung wird, wie immer im Sommer, heftig angefacht.

Zum Hintergrund:

Im Moment geistert wieder der Abguss einer Studie durch die Medien, die den Versuch unternimmt, Sonne und Solarien in die Reihe eindeutiger Karzinogene einzugliedern, und zwar mit zweifelhaften „wissenschaftlichen“ Werkzeugen. UV-Strahlung wird von einigen Fachleuten wie auch von der WHO als Karzinogen der Klasse 1 eingestuft. Die Grundlagen für diese Einschätzung sind Zellstudien, Tierversuche und epidemiologische Erhebungen in Humankollektiven. Die in Rede setehende Veröffentlichung von Boniol, M., Autier, P., Boyle, P. & Gandini, S., (2012, Cutaneous melanoma attributable to sunbed use: systematic review and meta-analysis, BMJ (Clinical research ed.), 345(jul24 2), p. e4757. ) ist unter folgendem Link abrufbar:

http://www.bmj.com/content/345/bmj.e4757

Eine schnelle Antwort von William B. Grant ist hier erhältlich:

http://www.bmj.com/content/345/bmj.e4757/rr/595584

Die Autoren sind Mitglieder der Arbeitsgruppe der WHO, die für die Einstufung der UV-Strahlung als sicher krebserregend ist.

Das WHO-Dokument findet sich hier:

www.iarc.fr/en/publications/pdfs-online/wrk/wrk1/ArtificialUVRad&SkinCancer.pdf

Zum Abschluss noch ein interessanter Leserkommentar zu dem Artikel der Ärzte Zeitung vom 25.07.2012

[25.07.2012, 21:46:24]
Dr. Thomas Georg Schätzler 
Keine „Nouvelle Cuisine“!
Statt einer Trüffelsuppe ‚Elysee‘ mit Blätterteigkuppel vom Lyoner Meisterkoch Paul Boucuse taucht in dieser Studie neben dem Erstautor Mathieu Boniol erneut Philippe Autier auf. Beide sind publikationsfreudige Forschungsdirektoren des „International Prevention Research Institute“ (IPRI) in Lyon, Frankreich.Die Ärzte Zeitung berichtete „Forscher um Dr. Philippe Autier aus Lyon hatten Daten des Swedish Board of Health and Welfare von 1960 bis 2009 analysiert (JNCI 2012, online 17. Juli)“. Dabei ging es um den wissenschaftstheoretisch abwegigen Versuch, bei dem in Schweden seit 1972 regional nach und nach eingeführten p r ä v e n t i v e n Mammografie-Screening eine direkte Verringerung der ausschließlich t h e r a p i e a b h ä n g i g e n Brustkrebs-Mortalität zu fordern. Letztere wurde in 37 Jahren jährlich um 1,01 Prozent reduziert, insgesamt um 37,4 %, aber dies interessierte Autier nicht. Vgl.
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/mamma-karzinom/article/818253/mammografie-enttaeuscht-erneut.htmDoch zurück zum Hauptgericht: Statt eines 3-Sterne-Wolfsbarsches im Blätterteig und ‚Coq au vin‘ gibt es bei der methodisch äußerst fragwürdigen Sonnenbank-Studie („Sunbed“) nur einen ‚Pot-au-Feu-Aufguss‘. Eine EDV-gestützte Literaturrecherche ergab 27 rein retrospektive („observational studies“) Beobachtungsstudien der letzten 30 Jahre („published within the past 30 years“), die angeblich nachweisen würden, dass auch nur ein e i n z i g e r Solariumbesuch mit künstlichem UV-Licht das kutane Melanomrisiko um 20 Prozent erhöhen würde („shows that the risk of cutaneous melanoma is increased by 20% for those who were ever users of indoor tanning devices with artificial ultraviolet light“). Prospektive, randomisierte, doppelblinde Studien oder nur der Hauch einer selbstkritischen Reflexion? – Fehlanzeige!Stattdessen wird unausgesprochen ein lineares, schwellenfreies Risiko (linear non-threshold risk) postuliert, das gegenüber jüngeren Menschen bis zum 35. Lebensjahr irreführend ein um 90 Prozent erhöhtes Hautkrebsrisiko postulieren soll. Die statistisch unzulässige Hochrechnung auf 800 Melanom-Tote in Europa, allein durch Solarienbesuche verursacht, ist als Nachtisch ebenso unseriös wie ungenießbar. Ich würde eher ‚Oranges a l’Orange‘ von Paul Boucuse empfehlen!Jetzt fragen Sie sich noch, wo hat der das bloß her?? Beim Kochbuch kann ich weiterhelfen: „Boucuse à la carte – Französisch kochen mit dem Meister“, Falken-Verlag, ISBN 3-8068-4237-X (mein Expl. ist ‚antiquarisch‘ von 1985).
Eine „Observational Study“ ist schnell gemacht: Sie lassen ihren Forschungsassistenten alle Melanompatienten in der Hautklinik einschl. der Verstorbenen intensiv nach irgendwelchen (auch den längst vergessenen) Solarienbesuchen fragen. Als Kontrollgruppe nehmen sie einfach Patienten o h n e Melanom. Da diese keinen Grund hatten, ihre Hautklinik aufzusuchen, waren die auch nie im Solarium!
Guten Appetit!Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

 

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